ABFINDUNG

Als finanzielles Trostpflaster für Gekündigte wird auf Vorschlag der Arbeitsgerichte in den allermeisten Fällen die Zahlung einer Abfindung vereinbart.

Abfindungen sind - in der Regel einmalige - Geldzahlung des Arbeitgebers, die aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt werden. Diese Zahlung stellt einen Ausgleich für den Verlust des erworbenen sozialen Besitzstandes dar. Ein Anspruch auf Abfindung ist im Gesetz nicht vorgesehen, wenn man von der Sonderregelung in § 1a KSChG abdieht. Die nach wie vor weit verbreitete Meinung, alle gekündigten Arbeitnehmer hätten zwangsläufig einen Anspruch auf Abfindung, findet demzufolge keine Grundlage im Gesetz. Der Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung folgt in aller Regel aus einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien, etwas aus einem außergerichtlichen Aufhebungsvertrag oder einem bei Gericht abgeschlossenen Prozessvergleich.

Die Höhe einer Abfindung ist grundsätzlich Verhandlungssache. Dabei sind stets die Einzelumstände des beendeten Arbeitsverhältnisses angemessen zu berücksichtig. Allenfalls einen Anhaltspunkt für die Bemessung der Abfindung bietet eine oft angewandte Faustregel, nach der als Abfindung pro Beschäftigungsjahr ein halbes Bruttomonatsgehalt zu zahlen ist (sog. "0,5-Regelung"). Ob und inwieweit von dieser Regel im Einzelfall nach oder unten abgewichen wird, hängt maßgeblich davon ab, wie das Gericht die Erfolgsaussichten der klagenden Partei beurteilt. Je größer die juristischen Bedenken gegen die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung sind, desto höher ist regelmäßig auch die vom Arbeitgeber zu zahlende Abfindung. Demnach interessieren mich bei Abfindungsverhandlungen die üblichen Regelungen nicht. In der Regel versuche ich, für meine Mandanten Abfindungen zu erzielen, die weit über den "gängigen" Beträgen liegen, und zwar vor allem dann, wenn das Beschäftigungsverhältnis noch relativ jung an Jahren war. In solchen Fällen kämpfe ich mit der nötigen Beharrlichkeit für eine Abfindung, deren Höhe in erster Linie durch das Annahmeverzugslohnrisiko des Arbeitgebers bestimmt wird. Von diesem Risiko werden die für den Arbeitgeber mit einem Kündigungsschutzverfahren verbundenen Gefahren maßgeblich geprägt. Verliert der Arbeitgeber – gegebenenfalls erst in der 2. oder 3. Instanz – den Prozess, so muss er gemäß § 615 Satz 1 BGB in aller Regel die Gehälter für die Zeit zwischen Ablauf der Kündigungsfrist und der rechtskräftigen Prozessentscheidung an den Arbeitnehmer nachzahlen. Nachzuzahlen sind nicht nur die Nettolöhne, sondern auch alle Lohnnebenkosten, also insbesondere die Arbeitsgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Je nachdem wie groß der Nachzahlungszeitraum ist, kann auf den Arbeitgeber insoweit eine erhebliche finanzielle Belastung zukommen. Im konkreten Einzelfall kann es sogar sein, dass ein nach mehreren Jahren verlorener Kündigungsschutzprozess wegen der damit verbundenen Nachzahlungen die Existenz des Betriebes und somit sämtliche Arbeitsplätze gefährdet! Will der Arbeitgeber dieses Risiko nicht eingehen, so muss er gegebenenfalls eine Vielfaches der "0,5-Regelung" zahlen. Oft erhöht sich mit zunehmender Dauer des Verfahrens der vom Arbeitgeber angebotene Betrag, weil sich dann auch das Annahmeverzugslohnrisiko und der damit einhergehende Einigungsdruck permanent erhöht. Für Arbeitnehmer, die aus finanziellen Gründen nicht auf eine recht zügige Abfindungszahlung angewiesen sind, kann es sich mithin durchaus lohnen, sich nicht schon im Gütetermin mit der vom Gericht oder dem Arbeitgeber vorgeschlagenen Abfindung zufrieden zu geben.

Abfindungen sind übrigens seit 2006 voll zu versteuern. Die bis dahin geltenden Freibeträge wurden abgeschafft. Das Finanzamt gewährt allerdings eine steuerliche Tarifermäßigung in Form der sog. Fünftelregelung. Dabei werden die begünstigten Einkünfte rechnerisch auf fünf Jahre verteilt. Wegen dieser steuerlichen Auswirkungen kann es mitunter für den Arbeitnehmer vorteilhaft sein, den Zeitpunkt der Abfindungszahlung mit dem Arbeitgeber abweichend vom gesetzlichen Leidbild (Zahlung der Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) zu vereinbaren. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diesen kleinen Gestaltungsspielraum in seinem Urteil vom 11.11.2009 - IX R 1/09 ausdrücklich abgesegnet.

Eine Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld findet nur in seltenen Ausnahmefällen statt. Nach § 143a SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zu einem Jahr, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden ist und der Arbeitslose eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistungen erhalten oder vom Arbeitgeber zu beanspruchen hat. Aus diesem Grund stellt es einen anwaltlichen Kunstfehler dar, sich mit dem Arbeitgeber auf eine Abfindung zu einigen, wenn dabei nicht die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wird.