AUFHEBUNGS- und ABWICKLUNGSVERTRAG

Vorsicht ist regelmäßig dann geboten, wenn von Seiten des Arbeitgebers der Abschluss eines Aufhebungsvertrages unter dem Vorwand angeboten wird, sich mit dem Arbeitnehmer „zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen betriebsbedingten Kündigung“ außergerichtlich zu vernünftigen Konditionen einigen zu wollen.

In einem Aufhebungsvertrag (auch Auflösungsvertrag genannt) wird eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses vertraglich geregelt. Leider bedenken bei der Unterzeichnung einer solchen Vereinbarung die wenigsten Arbeitnehmer, welche Konsequenzen das für sie haben kann: Im Grundsatz führt ein Aufhebungsvertrag, der prinzipiell als selbst verschuldete Arbeitsaufgabe gewertet werden muss, zu einer Sperrzeit. Das bedeutet: Zwölf Wochen wird von der Agentur für Arbeit kein Arbeitslosengeld gezahlt und die Bezugsdauer verringert sich zudem um diesen Zeitraum. Während der Sperrzeit werden keine Beiträge zur Rentenversicherung bezahlt. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung werden erst ab dem zweiten Monat der Sperrzeit von der Agentur für Arbeit übernommen.

Unter einem sog. Abwicklungsvertrag versteht man demgegenüber die nach Ausspruch einer Kündigung des Arbeitgebers getroffene Vereinbarung über die Hinnahme der Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) wirkt der Arbeitnehmer durch den Abschluss eines solchen Abwicklungsvertrages im Zweifel aktiv an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit (BSG, Urteil vom 18.12.2003 – B 11 AL 35/03 R). Auch dies wird gemäß § 144 Absatz 1 SGB III regelmäßig mit einer Sperrfrist sanktioniert. Zur Abwehr der Sperrzeit kann sich der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Arbeitnehmer lediglich darauf berufen, dass sein Verhalten auf einen „wichtigen Grund“ zurückzuführen sei. Dessen Vorliegen hat das BSG in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen, wenn der Arbeitnehmer im Anschluss an den Ausspruch einer "objektiv rechtmäßigen" (betriebsbedingten) Kündigung einen Abwicklungsvertrag abschließt. Die arbeitsgerichtliche Praxis zeigt indes, dass gerade betriebsbedingte Kündigungen oftmals nicht „objektiv rechtmäßig“ sind, weil dem Arbeitgeber hier zahlreiche Fehler unterlaufen können, z.B. bei der Sozialauswahl. Infolgedessen sind außergerichtliche Einigungen mit dem Arbeitgeber in hohem Maße risikobehaftet!

Die sicherste Lösung ist, mit anwaltlicher Hilfe eine Kündigungsschutzklage zu erheben, um vor dem Arbeitsgericht den Abwicklungsvertrag in Form eines Vergleiches abzuschließen. Der Abschluss eines außergerichtlichen Abwicklungsvertrages ist lediglich noch demjenigen Arbeitnehmer anzuraten, der auf keinen Fall beabsichtigt, Arbeitslosengeld in Anspruch zu nehmen. In allen anderen Fällen führt der sicherste Weg derzeit über das Arbeitsgericht, denn in ihren Durchführungsanweisungen geht die Arbeitsverwaltung davon aus, dass ein arbeitsgerichtlicher Vergleich regelmäßig keine Sperrzeit auslöst.

Entscheidet sich der Gekündigte dennoch für den Abschluss eines Abwicklungsvertrages, so ist es nach Auffassung der Rechtsprechung seine Aufgabe, sich über die damit verbundenen Rechtsfolgen zu informieren. Der Arbeitgeber ist nämlich in aller Regel nicht verpflichtet, den gekündigten Mitarbeiter über die arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Konsequenzen eines Abwicklungsvertrages zu informieren (BAG, Urteil vom 17.10.2000 – 3 AZR 605/99). Eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers besteht ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitgeber die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in dem Wissen veranlasst hat, dass dem insoweit arglosen Arbeitnehmer ein erheblicher Schaden droht. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so kann sich der durch eine Sperrzeit Geschädigte nicht an seinen ehemaligen Arbeitgeber wenden, um dort Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten zu verlangen. Dies gilt auch für Aufhebungsverträge, durch die das Arbeitsverhältnis ohne eine vorausgegangene Kündigung beendet wird. Nach zutreffender Ansicht des LAG Rheinland-Pfalz ist der Arbeitgeber auch hier nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer auf die Gefahr einer Sperrzeit hinzuweisen. Anfechtungsgründe liegen dementsprechend auch nur in den Fällen vor, in denen der Arbeitgeber den Mitarbeiter bewusst getäuscht hat. Das LAG Rheinland-Pfalz wies mit einem Urteil die Klage einer Arbeitnehmerin gegen ihren früheren Arbeitgeber ab. Die Frau hatte einen Aufhebungsvertrag unterschrieben und diesen kurz darauf mit der Begründung angefochten, der Arbeitgeber habe ihr nicht gesagt, dass mit der Verhängung einer Sperrzeit zu rechnen sei. Das LAG ließ diese Anfechtung nicht gelten und wies zur Begründung darauf hin, dass ein Arbeitgeber nicht von sich aus auf die möglichen rechtlichen Konsequenzen eines Aufhebungsvertrags hinweisen muss. Gerade weil ein Aufhebungsvertrag ein sehr weit reichender Schritt ist, sei es Sache des betroffenen Arbeitnehmers, sich die notwendige rechtliche Klarheit selbst zu verschaffen. Falls also im Einzelfall keine sichere Aussicht auf ein Anschlussarbeitsverhältnis besteht, sollte ein Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrag allenfalls nach einer juristischen Beratung abgeschlossen werden.